Die in Norddeutschland bekannte “Junge Die Bäckerei.” setzt Maßstäbe in Sachen Nachhaltigkeit! Von ihren Motiven, innovativen Konzepten, sozialem Engagement sowie Unterstützung durch KI haben zwei Nachhaltigkeitsmanager des norddeutschen Unternehmens im exklusiven Interview die Fragen der BNEdigital-Redaktion beantwortet.

“Junge Die Bäckerei.” gibt es seit 1897; der Hauptsitz ist in Lübeck in der Hafenstraße. Aktuell gehören zum Unternehmen rund 2oo Geschäfte, 3 Produktionsstandorte und circa 4.600 Mitarbeiter!
Isabelle Junge (Foto: Mitte links), Teil der Familie Junge, und Nachhaltigkeitsmanager Richard Stiller (Foto: unten links) besuchten die BNEdigital Redaktion. In der virtuellen Konferenz waren (von links nach rechts, oben) Referentin Susanne Braun-Speck, die Lehrkräfte Charlotte und David dabei, sowie die Schüler:innen Jonas und Minoka (Mitte rechts).
Ein Teil des Interviews ist hier als Audio zu hören:

Ausgezeichnet: “Deutscher Award” für die BrotRetter-Tüte

Isabelle und Richard erzählten von ihrem Nachhaltigkeitskonzept und der “BrotRetter Überraschungstüte”, für welches sie als “Nachhaltigkeitsprojekt 2023” ausgezeichnet wurden. Ziel des Projektes ist es, Lebensmittel zu retten und Kunden, welche einen schmalen Geldbeutel haben, zu helfen. Auf der Website des Unternehmens können die Tüten bis 14:00 Uhr am Vortag vorbestellt (Achtung: begrenzte Menge) und am nächsten Tag in der Filiale abgeholt werden. Dies in vielen Geschäften in den Regionen Hamburg, Lübeck, Mecklenburg-Vorpommern und Berlin. Die BrotRetter-Tüten enthalten dann verschiedene Backwaren wie Brot, Brötchen und süßes Gebäck vom Vortag.

Darüber hinaus spendet “Junge Die Bäckerei.” überschüssige Lebensmittel an die Tafeln und lässt einen Teil davon als Tierfutter verwenden – denn diese sind viel zu schade für den Müll!

Nachhaltige Lösungen nutzen Kunden recht wenig

Richard berichtete auch, dass Nachhaltigkeit von Kunden oft gewünscht wird, aber entsprechende Angebote dann oft nicht genutzt werden.

Ein konkretes Beispiel ist der Pfandbecher, den sie für Heiß- und Kaltgetränke anbieten, um Einwegbecher und damit Müll zu reduzieren (passend zu SDG 12). Das Konzept ist denkbar einfach: Kunden zahlen ein Pfand und geben den Becher später im selben oder einem anderen Geschäft wieder ab. Obwohl sie diesen Mehrwegbecher bereits seit vier Jahren in ihren Geschäften anbieten, wird er nicht annähernd von Kunden in dem Maße angenommen, wie sie es sich erhofft hatten.

Um dieses Problem anzugehen, haben sie größere Kampagnen gestartet, wie die deutschlandweite Marketing-Kampagne “Mehrweg einfach machen”, um mehr Menschen zur Nutzung des Pfandbechers zu bewegen. Richard betonte, dass die Herausforderung, die Verwendung von Mehrwegbechern zu fördern, nicht nur in ihren Geschäften besteht, sondern in der gesamten Gastronomie-Branche zu beobachten ist. Die Zahlen bestätigen diesen Trend. Dennoch setzen sie sich weiterhin für nachhaltige Lösungen ein.


Künstliche Intelligenz (KI) sorgt für Nachhaltigkeit

Isabelle betonte, dass künstliche Intelligenz (KI) in ihrem Familienunternehmen eine wichtige Rolle spielt, auch wenn dies vielleicht nicht das ist, was traditionell von einem solchen Unternehmen erwartet wird. KI wird beispielsweise eingesetzt, um Backpläne mit bestimmten Mengen zu erstellen, die auf den Bedarfen einzelner Standorte basieren. Gibt es zum Beispiel ein Fußballspiel um die Ecke oder ist ein Feiertag, ist der Bedarf größer. Solche Termine und noch viel mehr kennt die KI und rechnet taggenau die richtigen Mengen aus, die produziert werden müssen. Das spart nicht nur Lebensmittelrohstoffe, sondern reduziert auch die Abfallmengen!

Generell kann KI für bedarfsgerechtes Bestellen, Einkaufen, Backen, Lagern, Disponieren, Transportieren, Präsentieren, Verkaufen und Retournieren sorgen. Dies führt zu wesentlich mehr nachhaltiger Produktion (SDG 12)!

TV-Beitrag dazu, siehe ab Minute 33:


Ganzheitlich nachhaltig werden als Bäckerei, aber wie? Weitere Ansätze:

Richard und Isabelle erzählten von weiteren Aspekten, die sie als Bäckerei-Betrieb berücksichtigen, um Schritt für Schritt nachhaltiger zu werden.

  • Energieeffizienz: Der Energieverbrauch ist ein zentraler Aspekt der Nachhaltigkeit in einer Bäckerei. Die beiden wichtigsten Energiequellen sind Strom und Gas. Die Verwendung von Ökostrom ist ein einfacher Schritt zur Verbesserung der Nachhaltigkeit. Darüber hinaus können Maßnahmen wie Wärmerückgewinnung, bei der die Abwärme der Öfen zum Erhitzen von Wasser genutzt wird, dazu beitragen, den Gasverbrauch zu reduzieren und CO2-Emissionen einzusparen.

  • Erneuerbare Energien: Ein weiterer Schritt in Richtung Nachhaltigkeit ist die Installation einer Photovoltaik-Anlage zur Stromerzeugung. Damit kann die Bäckerei ihren eigenen Strom produzieren und autark sein.
  • Langfristiges Denken: Als Familienunternehmen sind sie von sich aus daran interessiert, sich langfristig aufzustellen, wozu eine nachhaltige Grund- und Wertehaltung wichtig ist.
  • Regionalität und Saisonalität: Die Bäckerei kann nachhaltiger werden, indem sie auf Regionalität und Saisonalität setzt. Dies schafft Transparenz in der Lieferkette und ermöglicht die Zusammenarbeit mit regionalen Partnern und Lieferanten.

Soziales Engagement und Lieferantenmanagement

Isabelle erklärte zudem, dass ihr Unternehmen auch im sozialen Bereich aktiv ist und sich über ihre Stiftung vielseitig in Norddeutschland engagiert. Beispielsweise spendeten sie gerade 100 Tröste-Teddys für das UKSH und kurz davor Trainingsanzüge für Jugendteams des TSV Trittau.

Außerdem arbeiten sie eng mit ihren Mitarbeitern zusammen, um die Werte des Familienunternehmens zu vermitteln.

In Bezug auf soziale Themen, insbesondere Menschenrechte, betont Isabelle, dass sie in Deutschland produzieren und daher weniger von Menschenrechtsverletzungen in der Lieferkette betroffen sind. Dennoch kommunizieren sie regelmäßig mit ihren Lieferanten und fordern diese auf, eine Grundsatzerklärung zu unterzeichnen, um sicherzustellen, dass auch die Lieferanten die Menschenrechte einhalten.


Auf der Website von “Junge Die Bäckerei.” steht u.a.:

“Wir möchten, dass auch die Generationen nach uns noch eine intakte, lebenswerte Umwelt vorfinden. … Auch wenn längst noch nicht alles perfekt ist – jeder Weg beginnt mit einem Schritt und wir sind auf dem Weg.”

Ja, so klingt es! (Anmerkung der Redaktion)


Quellen:
  • Fotos (alle): “Junge Die Bäckerei.” > Pressefotos
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