Licht – schön, aber auch gefährlich
Es ist ein früher Herbstmorgen. Du gehst allein über den dunklen Schulhof. Plötzlich spürst du, wie etwas um deinen Kopf kreist – ein Vogel vielleicht? Oder eine Fledermaus? Unheimlich! Du gehst schneller; versuchst nirgendwo gegen zu stoßen. Als du endlich das Schulgebäude erreichst, ist auch dort kein Licht an – warum? Du betrittst den Flur, irgendwo knallt eine Tür zu, und plötzlich sagt jemand, den du nicht siehst, zu dir: “Moin!” Wie du später erfährst, war das wohl der Hausmeister: Er versuchte, etwas gegen den Stromausfall zu tun, damit das Licht und alles andere wieder geht.
Wie schön ist es, Licht zu haben! Doch Licht ist etwas Künstliches …
Pro Jahr wird es durch künstliches Licht in der Nacht durchschnittlich sechs Prozent in Deutschland heller – weltweit zehn Prozent. Über immer mehr große Städten entsteht eine regelrechte Lichtglocke. Dieses Licht sorgt für “Lichtverschmutzung” – Licht zerstört die natürliche Dunkelheit der Nacht, welche für viele Lebewesen wichtig ist. Fledermäuse beispielsweise fliegen nur im Dunkeln – was passiert, wenn es immer hell ist? Insekten sterben; Fische werden übermütig und noch viel mehr.
Durch Leuchtreklame, Autoscheinwerfer, Flutlicht, Beleuchtung von Sehenswürdigkeiten und durch Straßenlaternen erzeugen wir künstliches Licht. Ohne Menschen gäbe es das nicht. Bei Licht fühlen sich viele sicherer und sind es vielleicht auch. Besondere Bauwerke, die beleuchtet sind, sehen hübsch aus und sorgen für eine gute Stimmung. Und: Firmen können auch und gerade nachts draußen sichtbare Werbung für sich machen.
Weil mit Licht mit viel Positives verbunden wird, ist die Problematik der “Lichtverschmutzung” selten bekannt – dabei hat sie große Auswirkungen auf viele Lebewesen.
Wir Menschen sind grundsätzlich keine nachtaktiven Lebewesen. Etwa 80 Prozent der Weltbevölkerung und über 99 Prozent der in den USA oder in Europa lebenden Menschen sind durch die Lichtverschmutzung betroffen, denn: Licht behindert die Produktion des Schlafhormons Melatonin. Je heller die Umgebung ist, desto schlechter schlafen wir. (Greenpeace-Magazin, 1/23)
Besonders nachtaktive Tiere leiden unter der Lichtverschmutzung. Das sind etwa 30 Prozent der Wirbeltiere und 60 Prozent der wirbellosen Tiere. Beispielsweise:
Insekten
Gerade mit Insekten wird die Lichtproblematik in Verbindung gebracht. Nicht umsonst soll man nachts nicht das Fenster öffnen, während im Zimmer das Licht brennt. Dann kommen nämlich Mücken. Insekten scheinen vom Licht angezogen zu werden. Warum das? Sie orientieren sich im Dunklen an Lichtpunkten, etwa an Sternen oder am Mond. Diese Art der Orientierung ist offenbar noch nicht vollständig erforscht, könnte aber mit dem Winkel zwischen Körperachse und gedachter Verbindungslinie zur Lichtquelle zusammenhängen, der konstant gehalten werden soll. Überträgt man dieses Prinzip auf eine sehr nahe Lichtquelle, führt das unweigerlich zu einer spiralförmigen Bewegung (“Staubsaugereffekt”: Das Insekt kommt nicht mehr von der Lichtquelle los). Hier scheint das angeborene Orientierungssystem gar nicht zielführend zu sein, weil sich das Insekt durch das ununterbrochene Im-Kreis-Fliegen völlig verausgabt und irgendwann vor Erschöpfung auf den Boden sinkt und zu einer unnatürlich leichten Beute für Spinnen oder Käfer wird – wenn es nicht schon vorher an der Lampe verbrennt. Die Spinnen und Käfer bekommen dadurch unnatürlich viel Futter, während die um das Licht fliegenden Insekten verschwinden. Auf der anderen Seite (und vielleicht weniger dramatisch) fällt die natürliche Orientierung an Himmelskörpern einfach schwerer: Man kennt das, wenn man unter einer Straßenlaterne Sterne beobachten will. Man sieht von den Sternen gar nichts.
An diesem Beispiel kann man sehen, dass nicht nur der aus der deutschen Beleuchtung resultierende Energieverbrauch von 67,5 Terawattstunden Strom, sondern auch der Faktor Licht umweltschädlich ist. Insekten sterben massenhaft durch die Beleuchtung!
Vögel
Wenn wir schon bei fliegenden Tieren sind, schauen wir uns mal an, wie Vögel betroffen sind: Die werden durch Licht nachts auch verwirrt und fliegen dadurch beispielsweise immer wieder um oder gegen Leuchttürme und Hochhäuser und sterben häufig ebenfalls. Man glaubt es fast nicht, aber es ist tatsächlich so. Nicht selten fliegen sie auch weite Umwege, weil das Licht ihre Orientierung stört. Auch Sing- und Brutverhalten ändern sich durch zu viel Licht. Außerdem schlafen viele Vögel durch Licht schlechter und kümmern sich nicht mehr so gut um ihren Nachwuchs.
Bäume
Sogar für einige der durch die Klimakrise ohnehin schon geschwächten Bäume stellt zu viel Licht eine Gefahr dar. Schon jetzt verlieren Bäume, die neben Straßenlaternen stehen, im Herbst ihr Laub später, was beispielsweise bei Rosskastanien dazu führt, dass die Kastanienminiermotte eine Generation mehr ausbilden kann, weil die Larven länger die Blätter der Kastanie zur Verfügung gestellt bekommen.
Meeresbewohner
Besonders intensiv wurden die Auswirkungen von der Lichtverschmutzung auf Meereslebewesen nicht untersucht. Ein paar Fakten sind aber schon bekannt: Fische scheinen mutiger zu werden, „höhere Risiken einzugehen“ (↓). Auch Wachstum und Verhalten bei Futtersuche sind wohl beeinträchtigt. Durch künstliches Licht, werden Krebstiere und Korallenlarven gestört und können sich nicht mehr, wie vorher, am Mond orientieren. Tatsächlich scheinen auch, wie Insekten und Vögel, Fische von Licht in gewisser Weise angezogen zu werden, denn Fischerei, bei der Licht eingesetzt wird, führt zu höheren Beifangraten. Gerade nicht ausgewachsene stellen einen großen Anteil des Beifangs dar. Gerade Brücken, die stark beleuchtet sind, können ein Hindernis für Fische werden. Besonders Laichwanderungen von Aalen werden dadurch beeinträchtigt.
Ist es nicht bizarr, dass die hellsten Lichter, die die Menschheit in den Weltraum ausstrahlt, von Fischerei-Flotten stammen? #Horizons pic.twitter.com/noXywRIjGK
— Alexander Gerst (@Astro_Alex) November 21, 2018
Das können wir gegen Lichtverschmutzung tun:
- Macht bei der Earth Night (https://www.earth-night.info/) am 15. September 2023 das Licht gegen die Lichtverschmutzung spätestens ab 22 Uhr aus.
- Zur Earth Hour könnt ihr 2024 am 30.03. ein Zeichen für Klimaschutz setzen und gleichzeitig für eine Stunde etwas gegen die Lichtverschmutzung tun.
- Wenn überhaupt nötig, versucht Licht nach unten strahlen zu lassen. Insekten, die über dem Licht fliegen, werden dann immerhin nicht so leicht angezogen.
- Bläuliches Licht lockt Insekten und Co. besser an als orangenes Licht. Wenn überhaupt nötig, versucht also nicht so ein grelles Licht zu nutzen.
- Die Organisation „Paten der Nacht“ (https://www.paten-der-nacht.de/ ) ist unterstützenswert.
- Die Organisation „Dark Sky“ (http://www.lichtverschmutzung.de/) ist unterstützenswert.
- Bei „Globe at Night“ (https://app.globeatnight.org/?lang=de )könnt ihr eintragen, wie viele Sterne ihr bei euch zuhause noch gesehen habt.
- Engagiert euch in der Stadt gegen die Lichtverschmutzung 🙂
In Frankreich gibt es seit 15 Jahren den “Jour de la nuit” (den “Tag der Nacht”). Unter dem Motto “Rallumons les étoiles” (“Lasst uns die Sterne wieder anzünden”) melden sich zahlreiche Gemeinden in Frankreich mit nächtlichen Aktionen an, um auf die Lichtverschmutzung aufmerksam zu machen. Das kann heißen, dass einfach die Lichter ausgehen. Es gibt aber auch Aktionen wie Picknick unter dem Sternenhimmel, Nachtwanderungen und vieles mehr.
Quellen
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Gegen Lichtverschmutzung | PATEN DER NACHT (paten-der-nacht.de)
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Licht im Garten schadet Insekten: Tipps für schonende Beleuchtung | MDR.DE
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Lichtverschmutzung – zu viel Licht für Mensch & Tier (bund-sh.de)
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Maritime Lichtverschmutzung | Science Media Center Germany
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243 Petajoule to Terawattstunden | 243PJ to TWh Conversion (citizenmaths.com)
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Energieverbrauch für die Beleuchtung in Deutschland bis 2020 | Statista
Autor: Tim (TS) – 1. Hälfte überarbeitet von: Susanne (SBS)
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