Von Deutschland nach Dänemark, von Hamburg nach Kopenhagen über die Ostsee fahren? Nicht etwa mit einer Fähre oder einem Schiff, sondern durch das Meer, unter Wasser hindurch – das soll der Fehmarnbelttunnel ermöglichen – insbesondere für Industrie, Wirtschaft und Touristen. Ist das “Zukunft”, eine wirtschaftliche Chance für alle Beteiligten oder ein Grauen für Natur- und Wasserwelt?

Der Fehmarnbelttunnel ist ein derzeit im Bau befindlicher Tunnel, der eine Länge von fast 18 Kilometern haben wird. Er verläuft durch die Ostsee und führt von der deutschen Insel Fehmarn zur dänischen Insel Lolland. Ziel des Tunnels ist es, den Fehmarnbelt zu überqueren und als “integralen” (zu einem Ganzen dazugehörenden) Bestandteil der sogenannten Vogelfluglinie zu dienen. Diese Linie stellt eine direkte Bahn- und Straßenverbindung zwischen den Großräumen Kopenhagen und Hamburg dar. Nach Fertigstellung (vermutlich 2029) wird der Fehmarnbelt-Tunnel der längste Absenktunnel der Welt und gleichzeitig der längste kombinierte Tunnel für Straße und Schiene sein.

Dazu wird auch im Hinterland gebaut:

Ab November 2023 soll die Hinterlandbebauung durch die Deutsche Bahn (DB ) starten. Von der insgesamt 88 Kilometer langen Strecke zwischen Puttgarden auf Fehmarn und Lübeck werden 55 Kilometer komplett neu gebaut; andere Strecken bis Hamburg werden ausgebaut.

Nach Fertigstellung des Fehmarnbelttunells wird (auch Nachts) mit erheblich mehr Güterzügen gerechnet, die dann durch Schleswig-Holstein von Dänemark über Fehmarn nach Hamburg und umgekehrt fahren.

In Reinfeld (Holstein) beispielsweise entsteht ein neuer Bahnübergang, eine Brücke. Der derzeitige Bahnübergang würde ständig geschlossene Schranken zur Folge haben und das Ein- und Ausfahren aus der Stadt erheblich verzögern.

Video dazu:


Der Weg zum Start des Großprojekts:

Der Bau ist eines der größten Infrastrukturprojekte in der EU. Dänemark und Deutschland hatten das Vorhaben schon 2014 in einem Staatsvertrag vereinbart, der Tunnel wird von Dänemark gebaut und später betrieben.

Im Frühjahr 2017 wurden Pläne für den Bau eines großen Tunnels unter dem Fehmarnbelt, der Meeresenge zwischen Deutschland und Dänemark, vorgestellt. Man erhoffte sich, dass der Planfeststellungsbeschluss im Jahr 2018 erteilt und der Baubeginn im Jahr 2020 erfolgen würde. Allerdings stieß das Projekt auf heftigen Widerstand!

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Bau der Molen für den Arbeitshafen in Rødbyhavn. Foto von Mitte Juni 2020, Nils Lund Pedersen

Im Januar 2022 lehnte das Bundesverwaltungsgericht jedoch den Eilantrag einer Bürgerinitiative gegen den Weiterbau des Tunnels ab. Kurz zuvor hatte das schleswig-holsteinische Oberverwaltungsgericht eine Klage einer Stadt abgewiesen, die Bedenken bezüglich des Rettungskonzepts für den Tunnelbau hatte.

Schließlich entschied das Bundesverwaltungsgericht im Dezember 2022 (siehe NABU-Beitrag), dass der Tunnelbau mit einer kleinen Änderung im Projekt weitergehen kann, um den Schutz der Umwelt zu verbessern. Trotz der langwierigen Streitigkeiten und Einsprüche wird der Tunnel also weiterhin gebaut, und er soll eine feste Verbindung zwischen Deutschland und Dänemark schaffen.

Wie teuer ist das alles und wann ist der Tunnel fertig?

Die geplante Bauzeit wurde aus Kostengründen um zwei Jahre verlängert. Ursprünglich sollte das Projekt 2021 fertiggestellt werden, dann wurde das Jahr 2022 genannt, und zuletzt ging man von einer Fertigstellung im Jahr 2024 aus. Nun wird jedoch erwartet, dass das Projekt erst im Jahr 2029 abgeschlossen wird. Die geschätzten Kosten wurden von 7,4 Milliarden Euro auf 7,0 Milliarden Euro reduziert, inklusive einer Milliarde Euro Reserven. Das dänische Parlament erlaubte der Projektgesellschaft im März 2016, in Bauvertragsverhandlungen einzutreten, mit vorerst bedingten Verträgen bis 2019, die später neu verhandelt werden könnten.

Doch wie bei jedem Großprojekt, durch das es starke Eingriffe in Natur und Umwelt gibt, sprechen Argumente dafür und dagegen.


Der Bau des Fehmarnbelttunnels wird insbesondere aus wirtschaftlichen Gründen befürwortet.

  • Er soll die Verkehrsinfrastruktur zwischen Deutschland und Dänemark verbessern, indem er eine feste und direkte Verbindung schafft. Dies würde den Güter- und Personenverkehr erleichtern und zu wirtschaftlichen Vorteilen führen, da der Handel und Tourismus gefördert werden könnten.
  • Die Umweltfreundlichkeit des Tunnels. Durch die Reduzierung von Fährüberfahrten kann der CO2-Ausstoß gesenkt werden, und der Tunnel entlastet den Straßenverkehr, was zu einer Verringerung der Umweltbelastung führen könnte.
  • Die Sicherheit spielt ebenfalls eine wichtige Rolle. Der Tunnel bietet eine zuverlässige und wetterunabhängige Verbindung, im Gegensatz zu Fähren, die oft wetterbedingten Einschränkungen unterliegen.
  • Des Weiteren verspricht der Bau Arbeitsplätze in der Region zu schaffen und die Wirtschaft durch Aufträge und Investitionen in die Infrastruktur anzukurbeln.
  • Auch die Förderung der internationalen (wirtschaftlichen und politischen) Zusammenarbeit ist wichtig, da der Tunnel als Beispiel für eine enge Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Dänemark dient.

Das sagt die Baufirma Femern A/S zum Thema Nachhaltigkeit:

Der Fokus auf den Klimaeinsatz von Femern A/S wird durch vier Säulen definiert, die den Bau- und die Betriebsphase umfassen sowie auch die Möglichkeiten von Femern A/S, zur grünen Wende im Transportsektor wie auch im Bauwesen beizutragen. Femern A/S wird die Entwicklung aufmerksam verfolgen: Die Klimastrategie des Projekts soll bis zur Eröffnung des fertigen Tunnels kontinuierlich angepasst werden und somit neuen Erkenntnisse und Technologien widerspiegeln.

1. Femern A/S unterstützt die Verwirklichung eines nachhaltigen europäischen Verkehrsnetzes.

2. Femern A/S baut so klimafreundlich wie möglich.

3. Femern A/S unterstützt die Entwicklung eines grünen Bausektors

4. Femern A/S betreibt einen klimafreundlichen Tunnel.


“Wir betrachten die Fehmarnbelt-Querung als ein äußerst wichtiges Klimaprojekt, das den Güter- und Personenverkehr mit dem klimafreundlichsten Verkehrsmittel, dem Elektrozug, stärken wird.”

Michael Løvendal Kruse, Vertreter der dänischen Umweltschutzorganisation Danmarks Naturfredningsforening


Das hört sich ja alles gut an, aber …

Während des Tunnelbaus wird das Ökosystem –  der Lebensraum für Tiere & Pflanzen – der Ostsee stark geschädigt.

Der Fehmarnbelt-Tunnel wird UNTER dem Meer gebaut. Das heißt, viele Bauschiffe fahren durch die Ostsee, das Meer wird aufgewühlt, Meeresboden abgetragen, Tiere sowie Unterwasserpflanzen werden verdrängt und sogar ein Riff zerstört.

Der Tunnelbau erfordert die Entfernung von Sedimenten vom Meeresboden, was den Lebensraum für bestimmte Arten stören oder zerstören kann. Dies kann insbesondere Meeresbodenlebewesen betreffen. Algen, ganze Pflanzen”-Wälder”, die das Zuhause tausender verschiedenen Tiere sind, werden zerstört! Auch wird der Bau zu erhöhtem Unterwasserlärm führen, der marinen Lebensformen schaden kann, hauptsächlich Walen und Fischen, die auf Echoortung oder Schallaufnahme angewiesen sind.

Der Bauprozess kann potenziell Abfälle oder Schadstoffe ins Meer freisetzen, die die Wasserqualität und das Ökosystem beeinträchtigen könnten und die Baustelle kann den Schiffsverkehr und die Fischereiaktivitäten in der Region beeinträchtigen. In der Summe führt das zu immensen Störungen des marinen Ökosystems.


Ausgeprägte Riffe mit seltenen und geschützten Arten sind bei Kartierungen des NABU an der Ostseetunneltrasse gefunden worden. Damit verstößt die Baugenehmigung gegen EU-Naturschutzrecht.” – NABU

Der NABU befürchtet eine korrupte Unterschlagung! Mehr dazu in ihrem offziellen Artikel! Die Zerstörung wichtiger, geschützter Riffe wird in Kauf genommen – der NABU will dagegen etwas tun. Für den Naturschutzbund ist der Fehmarnbelttunnelbau ein absolutes Umweltdrama mit schweren Folgen!

Warum der offensichtlich schützenswerte Bereich der Tunneltrasse von den marinen Schutzgebieten in den Küstengewässern Schleswig-Holsteins bisher ausgenommen und nicht gemeldet wurde, ist gerade wegen der großen ökologischen Bedeutung des Gebiets völlig unverständlich. Diese Lücke hätte man schon lange schließen können und auch müssen. Fachlich zuständig dafür ist das Umweltministerium Schleswig-Holstein – und das bereits seit 1992!

Wir fordern, dass das Gebiet Fehmarnbelt umgehend und vollständig kartiert wird und eventuelle Schutzgebiete sofort nach Brüssel gemeldet werden.

NABU-Meeresschutzexperte Kim Detloff


Die Riffe sind von enormer Bedeutung für das gesamte Ökosystem des Meeres!

Korallenriffe sind wahrhaftige Schätze im Ozean! Sie bezaubern mit ihrer erstaunlichen Vielfalt an Arten und bieten ein pulsierendes Spektakel des Lebens. Etwa 90 Prozent der Meeresbewohner beginnen ihre faszinierende Reise als kleine planktische Larven. Von den Strömungen werden sie durch das Meer getragen und landen schließlich mit etwas Glück auf einem feststehenden Felsen. Dort verankern sie sich und beginnen ihren Wachstum. Im Laufe der Zeit bedecken sie die Felsen beinahe vollständig. An den Stellen, die von viel Licht durchflutet sind, gedeihen Algen, während an weniger beleuchteten Orten sesshafte Tiere die Oberhand gewinnen.

Korallenriffe bieten zahlreichen Tier- und Pflanzenarten eine Heimat, dienen als Schutzgebiet und zugleich als Sprungbrett, von dem aus die Tiere von einer Riff-Oase zur nächsten wandern können. Sie bieten Unterschlupf für kleine Krebse und Fische. Viele Fischarten, wie beispielsweise Heringe, nutzen die Algen auf den Riffen als Laichplatz. Daher sind Korallenriffe neben den Seegraswiesen als die Kinderstube der Ostsee bekannt. Wo viele kleine Tiere leben, sind auch größere Meeresbewohner nicht weit entfernt, da die Kleinen oft als wertvolle Nahrungsquelle dienen. Aus diesem Grund erfreuen sich die Riffe großer Beliebtheit bei Meeresvögeln und Schweinswalen.

Die Riffe sind von enormer Bedeutung für das gesamte Ökosystem des Meeres und werden daher streng geschützt.

Sie sind in der Liste der geschützten Lebensraumtypen gemäß der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) aufgeführt und genießen somit europaweiten Schutz. Zusätzlich werden sie auch durch das deutsche Bundesnaturschutzgesetz in §30 als geschütztes Biotop besonders abgesichert.

Ja, und dann ist da noch der Hinterlandausbau der Bahn, wie oben beschreits geschrieben. Aktuelle Tweets dazu:


Das ist der Stand heute (Juni 2023):


Quellen:
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