Meteorologe Prof. Dr. Stefan Emeis,
Statement von Prof. Dr. Stefan Emeis, Meteorologe (apl. Professor in Köln, ehemals tätig am KIT), zum Beitrag über Windkraftausbau.
Die Redaktion fragte ihn, ob viel Windkraft nicht auch viel mehr Wasserdampf erzeugen würde, welcher für Starkregen sorgen könnte? Seine Antwort:
Jetzt zu Ihrer Frage: Wasserdampf ist ein wichtiges Klimagas und ein großer Energieträger im globalen Wettergeschehen. Der durch Offshore-Windkraft möglicherweise zusätzlich durch erhöhte Verdunstung in die Atmosphäre eingetragene Wasserdampf ist aber gegenüber dem in der Atmosphäre ohnehin vorhandenen Wasserdampf mengenmäßig so unbedeutend, dass derzeit nicht mit einer Rückwirkung auf das Klima gerechnet werden muss.
Unsere Mess- und Modellier-Experimente in der Nordsee in den letzten Jahren (WIPAFF und X-Wakes) haben keinerlei Hinweise auf eine Klimabeeinflussung gebracht, die über die Nachläufe (wakes) der Windparks in der Nordsee hinausgeht. Diese Nachläufe sind ungefähr so breit wie die sie erzeugenden Windparks und je nach Wetterlage bis zu gut 50 km lang. Nicht einmal eine Wolkenbildung hinter den Windparks haben wir sicher nachweisen können.
Lediglich Modellstudien mit einer unrealistisch hohen Bedeckung der Ozean- und Kontinentflächen der Erde mit Windparks haben Rückwirkungen auf das globale Klima gezeigt. Insofern muss man sich bei dem derzeit geplanten Ausbau der Windkraft in Nord- und Ostsee keine Sorge um eine Klimabeeinflussung machen.
Die dieses Jahr beobachtete ungewöhnlich starke Erwärmung der Ozeanoberflächentemperatur (siehe https://climatereanalyzer.org/clim/sst_daily/) ist im Vergleich zur Windkraftnutzung wesentlich bedenklicher. Erstens ist die genaue Ursache dieser plötzlichen Erwärmung noch nicht ganz klar (El Niño scheint als Erklärung nicht auszureichen), zweitens sind die Folgen dieser Erwärmung unabsehbar und werden erst in einigen Jahren so richtig klar werden. Vielleicht hat das Erdsystem hier bereits einen der gefürchteten Kipppunkte erreicht, vor denen seit vielen Jahren von Fachleuten gewarnt wird.
Zumindest ist die erhöhte Verdunstung durch diese global erhöhte Wasseroberflächentemperatur um ein großes Vielfaches größer als was jemals durch Offshore-Windkraft bewirkt werden könnte. Daher sollte der Fokus auf diesem Phänomen liegen und nicht auf der Offshore-Windkraft. Vielmehr brauchen wir die Offshore-Windkraft dringend, um die zu hohen Treibhausgasemissionen herunter zubekommen und nicht noch mehr Kipppunkte anzustoßen.
Stefan Emeis, im November 2023
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