Ein Vorbild – der Lübecker Stadtwald
“Neulich war ich bei Ecosia in Berlin und habe deren „Esszimmer“ gesehen. Die Tische und Stühle wurden von der Happiness-Beauftragten gebaut und bestehen aus Echtholz – passt das zusammen? Ein Bäume pflanzendes Unternehmen und Echtholzmöbel? In einem Interview von Peter Wohlleben mit Christian Kroll, dem Gründer von Ecosia, spricht er davon, dass die Tische und Stühle im Zuge des Umzugs von Ecosia mitgenommen wurden. Sie seien aus dem Lübecker Stadtwald. Was ist das für ein Wald? Was ist an ihm besonders und weshalb wurde er zum Vorbild für nachhaltige Forstwirtschaft?” (Tim).
Vor ungefähr 30 Jahren, in der Zeit des Waldsterbens, wurde Lutz Fähser neuer Forstamtsleiter im Lübecker Stadtwald und wurde vom Senat beauftragt, den Wald naturgemäßer zu bewirtschaften. Indem er den Wald zu einem „Naturnahen Wald“ machte, wurde sein Wald zum Vorbild für zahlreiche Wälder und Fähser wurde unter anderem nach Russland, China, Schweden, Kanada und Finnland eingeladen, um sein Konzept zu erklären.
Der Lübecker Stadtwald war der erste „Betrieb“ in Deutschland, der das FSC- sowie Naturland-Zertifikat erhielt.
Das Konzept
In einen Wald, so finden Lutz Fähser und sein Nachfolger Knut Sturm, sollte so wenig wie möglich eingegriffen werden. Es sollte zum Beispiel so wenig wie möglich gelichtet werden, denn das gefährdet das Mikroklima des Waldes. Ein gesunder Wald ist bis zu 15 Grad kälter als die von Häuser ummauerten Straßen. Rückegassen, also die Wege über die Holz von der Forstwirtschaft transportiert wird, haben in dem Wald einen Abstand von 80, statt normalerweise 20 bis 40 Metern.
Abgestorbene Bäume oder umgekippte Baumstämme werden nicht abtransportiert, sondern liegengelassen, weil sie ein Lebensraum für viele Insekten sind – vor allem für die Feinde der Borkenkäfer, die in Totholz nicht leben. Solche Maschinen, sogenannte Harvester, werden in dem Wald nicht genutzt. Pferde sind für Knut Sturm und sein Team die Alternative.
Der wohl wichtigste Teil des Konzepts sind: Referenzflächen.
Dort wird kein Baum eingeschlagen, nicht in den Wald eingegriffen. Das Ziel ist es, dass die bewirtschafteten und nicht-bewirtschafteten Flächen sich kaum unterscheiden. Das Konzept hat Erfolg: Die Bäume in dem Stadtwald sind qualitativ hochwertiger, durch Stürme weniger gefährdet und bringen mehr Geld ein, als die in den Wäldern, in die stark eingegriffen wird.
Das wollt Ihr Euch näher ansehen? Am 3. Sept. 2023 gibt es dort einen Walderlebnistag (mehr Infos).
Und: Im Stadtwald besteht für Schüler:innen und Student:innen das ganze Jahr über die Möglichkeit, ein unentgeltliches Praktikum zu absolvieren. An Lehrer:innen und deren Schüler:innen richtet sich das Reallabor mit seinen verschiedenen Kursen wie Ökosystem Wald, Totholz oder Nadelwälder in Deutschland. Mehr dazu auf der Website der Stadt Lübeck.
Quellen:
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Foto: Pressefoto der Stadtverwaltung Lübeck
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Lauerholz Stadtwald Homepage (lauerholz-stadtwald.de)
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Konzept mit Zukunft: Der Lübecker Stadtwald – Lüttbecker – das Familienmagazin für Lübeck und Umgebung (luettbecker.de)
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Das Lübecker Modell für den Wald der Zukunft – Naturwald Akademie (naturwald-akademie.org)
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Naturnaher Wald nach dem Lübecker Modell – NABU Seeheim-Jugenheim (nabu-seeheim.de)
Autor: Tim (TS) – überarbeitet von: Susanne Braun-Speck (SBS)
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